Die 7 wichtigsten Praxisfragen zur Online-Mitgliederversammlung

Am 28. März 2020 ist das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ in Kraft getreten.

Artikel 2 § 5 Absatz 2 dieses Gesetzes hat es in sich. Denn da aufgrund der Versammlungsverbote durch die Corona-Krise viele Mitgliederversammlungen nicht stattfinden konnten (und in der vertrauten Form auch noch immer mit den Schutzmaßnahmen kollidieren), hat der Gesetzgeber damals den Weg für Online-Versammlungen handstreichartig zunächst vorübergehend frei gemacht und die Gültigkeit der Regelung am 28. Oktober 2020 bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Doch die dadurch entstehenden Praxisfragen beantwortet er leider nicht. Deshalb finden Sie hier die Antworten auf die sieben wichtigsten Fragen, damit Sie als Vorstand auch wirklich immer auf der sicheren Seite sind.

1. Was genau ändert sich?

Eine Online-Versammlung statt einer Mitgliederversammlung mit körperlicher Anwesenheit aller Mitglieder war auch schon vor der Gesetzesänderung zulässig. Aber: Hierfür war eine ausdrückliche Satzungsregelung erforderlich.

Wenn die Satzung Ihres Vereins keine solche Regelung enthält, konnten Sie bisher also nicht einfach zur Online-Versammlung bitten – es sei denn, Sie hätten vorher alle (!) Mitglieder Ihres Vereins um Erlaubnis gefragt und alle hätten zugestimmt. In größeren Vereinen ist das ein unrealistisches Szenario.

Mit dem neuen Gesetz brauchen Sie nun weder die Zustimmung aller Mitglieder noch eine Satzungsgrundlage. Sie können jetzt auch zur Online-Mitgliederversammlung einladen und diese online abhalten, ohne dass Ihre Satzung diese Form der Versammlung vorsieht.

2. Was genau heißt Online-Versammlung?

Der Gesetzgeber spricht nicht ausdrücklich von „Online-Versammlungen“. Er schreibt, dass Mitglieder „an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation“ wahrnehmen können.

Damit sind Online-Versammlungen (Videokonferenzen) ebenso gemeint wie Telefonkonferenzen. Ihre Handlungsmöglichkeiten werden also wesentlich größer.

3. Ändert sich dadurch etwas an den Ladungsfristen und der Einladungsform?

Nein, an Frist und Form der Einladung ändert sich dadurch nichts. Sie sind weiterhin an die Regelungen aus Ihrer Satzung gebunden.

Steht dort beispielsweise, dass die Einladung zur Mitgliederversammlung mit einer Frist von 14 Tagen zu erfolgen hat, gilt die 14-Tage-Frist weiterhin.

Ist in der Satzung geregelt, dass Sie per Brief zur Mitgliederversammlung einladen müssen, laden Sie auch zur Online-Mitgliederversammlung per Brief ein.

4. Was ist mit Mitgliedern, die keinen Online-Zugang haben oder sich der neuen virtuellen Versammlungsform verweigern?

Hier greift Artikel 2 § 5 Absatz 2 Nr. 2 des neuen Gesetzes. Mitglieder, die nicht an dieser (Online-)Mitgliederversammlung teilnehmen können, können ihre Stimmen „vor der Durchführung der Mitgliederversammlung“ schriftlich abgeben.

In diesem Fall gehen Sie wie folgt vor:
1. Sie informieren die Mitglieder über die Online-Versammlung. Das tun Sie im Rahmen der Einladung (siehe Frage 3).
2. Sie weisen die Mitglieder darauf hin, dass diejenigen, die nicht an der Versammlung teilnehmen können, ihre Stimme vor der Versammlung schriftlich (Brief, Fax) abgeben können. Hierzu nennen Sie beispielsweise die Faxnummer des Vereins.
3. Sie geben die Frist vor, innerhalb derer die Mitglieder sich melden müssen. (Der spätest mögliche Abgabezeitpunkt wäre vor Beginn der Versammlung!)

5. Ist auch eine Beschlussfassung ganz ohne Mitgliederversammlung möglich?

Ja, auch diese Möglichkeit eröffnet der Gesetzgeber mit dem neuen Gesetz, und zwar mit Artikel 2 § 5 Absatz 3. Dort heißt es: „Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [dort ist die körperliche Versammlung geregelt] ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.“

Wenn es ohne Versammlung gehen soll, müssen also alle Mitglieder informiert werden, und es müssen sich mindestens 50 Prozent der Mitglieder an der Abstimmung beteiligen. Ein gültiger Beschluss ist dann gefasst, wenn die erforderliche Mehrheit erreicht wurde.

Auch in dem Fall, dass Beschlüsse ohne Mitgliederversammlung gefasst werden sollen, gehen Sie ganz ähnlich vor wie im Fall von Online-Versammlungen. Das heißt:
1. Sie schreiben alle Mitglieder des Vereins an und bitten diese um Abgabe der Stimme in „Textform“. Dazu zählt auch die E-Mail.
2. Sie geben eine Frist vor, innerhalb derer die Mitglieder sich melden müssen.

6. Gibt es technische Vorgaben für Online-Versammlungen und -Abstimmungen?

Die gibt es nicht. Aber: Eine Mitgliederversammlung ist nicht öffentlich. Deshalb sollte der Zugang für Nichtmitglieder nicht möglich sein. Das können Sie aber auch
mit einfachen Lösungen wie Skype oder WhatsApp lösen.

Alternativ gibt es aber auch sehr professionelle Lösungen, die Sie als Verein einsetzen können, beispielsweise „polyas.de“.

Auch reine Webkonferenz-Software ist auf dem Markt erhältlich. Dazu gehört zum Beispiel „WebEx“.

Wegen Corona stellt Microsoft Ihnen aktuell auch die Premium Version seiner Teamarbeits-Software „Teams“ kostenlos zur Verfügung.

7. Gilt die Neuregelung für immer?

Nein, das neue Gesetz gilt nur bis zum 31. Dezember 2021. Möchten Sie auch danach Online-Konferenzen nutzen, brauchen Sie eine Satzungsgrundlage. Diese schaffen Sie mit einer Formulierung wie der folgenden:

FORMULIERUNGSBEISPIEL:
§ XY Mitgliederversammlung
Die Mitgliederversammlung kann auch in Form einer Online-Versammlung abgehalten werden. Hierzu wird der Vorstand einen Online-Konferenzraum bereitstellen und den Mitgliedern spätestens drei Tage vor der Versammlung die Zugangsdaten zukommen lassen. Näheres regelt die Versammlungsordnung des Vereins, die durch die Mitgliederversammlung zu beschließen ist.